Sonntag, 31. Mai 2015

Die Jungfrau von Orléans III – Rezeption und politische Instrumentalisierung

Die ersten beiden Teile unserer kurz!-Reihe über die Jungfrau von Orléans (Teil I & Teil II) beschäftigten sich mit dem Aufstieg und den ersten Erfolgen Jeannes bis hin zu ihrer Gefangennahme und dem Ketzereiprozess, der schließlich mit ihrer Hinrichtung endete. Der bereits im zweiten Teil der Reihe betrachtete Revisionsprozess, in dem die Jungfrau vollständig rehabilitiert wurde, deutete schon das Potential zur politischen Instrumentalisierung ihrer Geschichte an: Charles VII. konnte es nicht dulden, seine Krone einer verurteilten Ketzerin zu verdanken. Er strebte den Freispruch Jeannes von allen Vorwürfen an, um seiner eigenen Position mehr Legitimität zu verleihen. Auch später blieb sie Gegenstand politischer Argumentationen und Vergleiche zugunsten unterschiedlicher Ziele und Haltungen. Darüber hinaus ist Jeanne in Kunst, Literatur und Film bis heute eine der am häufigsten rezipierten Gestalten des Mittelalters, deren Faszination ungebrochen scheint. Mit dieser reichen Rezeptionsgeschichte, vor allem in der Literatur, aber auch mit der politischen Instrumentalisierung Jeanne d’Arcs soll sich dieser Artikel beschäftigen.

Sonntag, 17. Mai 2015

Das Buch aller verbotenen Kunst

Das Mittelalter kannte drei sogenannte Artesreihen, das heißt Sammlungen von Künsten (artes) zu einem bestimmten Wissensgebiet: die artes liberales, z. B. Rhetorik und Geometrie, die artes mechanicae, hierzu zählen unter anderem die Schmiede- und Webekunst, und die artes magicae, also magische und mantische, die Wahrsagerei betreffende, Kunstfertigkeiten. Jede der Reihen umfasste dabei jeweils sieben Künste, für die artes magicae waren es die folgenden: die Nigromantie (schwarze Kunst), die Geomantie, Hydromantie, Aeromantie, Pyromantie, das heißt die Weissagung aus Erde, Wasser, Luft und Feuer, die Chiromantie (die Kunst aus der Hand zu lesen) und die Spatulamantie, also die Weissagung aus dem Schulterblatt. Da sich diese Künste vor allem mit der Wahrsagerei beschäftigten, spricht man bei ihnen auch von Divinationskünsten. Der sich entwickelnde Fachbereich der magischen Künste ging dabei sowohl auf antike Traditionen, als auch auf den zunehmenden Kontakt mit der arabischen Welt zurück. Auch lassen sich Vermischungen von vorchristlichen Bräuchen mit den Ritualen der christlichen Religion oder anderer Religionen feststellen. Wichtig ist es jedoch, zwischen der wissenschaftlichen Beschäftigung mit diesen Künsten auf der einen Seite und dem in der breiten Bevölkerung vorherrschenden Glauben an Magie und Mantik auf der anderen Seite zu unterscheiden.  

Ab dem 15. Jahrhundert gewannen gelehrte Formen der magischen Künste zunehmend an Bedeutung und stießen auf vermehrtes Interesse in gebildeten Kreisen. Lateinische Schriften wurden bearbeitet, übersetzt und einem größeren Rezipientenkreis zugänglich gemacht. Damit einhergehend war jedoch auch ein hauptsächlich von der Kirche geführter Kampf gegen eben jene nicht christlichen, in ihren Augen verbotenen Künste (artes prohibitae) und der Versuch, das Wissen über diese auszugrenzen und die jeweiligen Schriften zu verbieten. In diesem Kontext steht auch das circa um 1456 entstandene Puch aller verpotten kunst, unglaubens und der zaubrey, um welches es in diesem Artikel gehen soll.

Sonntag, 10. Mai 2015

Die Jungfrau von Orléans II – Prozess, Hinrichtung und Revisionsverfahren

Der erste Teil der kurz!-Reihe über Jeanne d’Arc, auch bekannt als „Jungfrau von Orléans“, beschäftigte sich mit Jeannes Herkunft, ihrem Aufstieg und ihrer Gefangennahme durch burgundische Truppen in Compiègne am 23. Mai 1430. Weder von Seiten des französischen Hofes, dem Jeanne doch in der Vergangenheit gute Dienste erwiesen hatte, noch von der Stadt Compiègne, der sie zu Hilfe geeilt war, sind Bemühungen überliefert, die Jungfrau aus der Gefangenschaft zu befreien oder freizukaufen. Dies lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass es wohl bereits vor ihrer Gefangennahme einige Vorbehalte und Zweifel an ihrem göttlichen Auftrag bei Hof, im Adel und der Bevölkerung gegeben hatte, die nun offen zu Tage traten.

Mittwoch, 6. Mai 2015

100 Wörter - Das Ritual des Hundetragens

Widukind von Corvey, Sachsengeschichte (II, 6,72):
VI. […] Als der König diese Anmaßung vernahm, verurteilte er den Eberhard, als Buße eine Anzahl Pferde zu liefern, im Wert von hundert Pfund, und alle Kriegsobersten, die ihm dabei geholfen hatten, zu der Schande, Hunde zu tragen bis zu der königlichen Stadt Magdeburg.

Hundetragen als Strafe? Für uns klingt es merkwürdig, im Mittelalter jedoch war es ein öffentliches Ritual, das als Unterwerfung (deditio) galt und damit einen Konflikt zweier Konfliktparteien direkt beenden konnte. Warum aber Hunde getragen wurden, ist noch immer umstritten. Die wahrscheinlichste Möglichkeit: Sie galten bereits im Mittelalter als treue Tiere und das Tragen eines Hundes demonstrierte das erneuerte Hochhalten der Treue des Trägers, gleichzeitig der sich Unterwerfende, gegenüber der ranghöheren Person. Gelöst von unserer heutigen Sicht auf den Hund, galt er im Mittelalter aber auch als schmutziges Tier, welches sich in den Gassen von Resten ernährte – eine ungleich härtere Bestrafung?

Sonntag, 3. Mai 2015

Bube, Dame, König, Ass? - Kartenspiele im Mittelalter

Als im März 1376 in Florenz der „ludus, qui vocatur naibbe“ (das Spiel, das naibbe genannt wird) unterbunden wurde, war dies nicht nur das erste Verbot für Spielkarten in Europa sowie die erste und damit älteste Erwähnung eines Kartenspiels im europäischen Raum, sondern auch der Beginn dessen, was Hellmut Rosenfeld später als „Kartenspiel-Invasion“ bezeichnen sollte. Allerdings darf dieses florentinische Verbot nicht zu der Annahme verleiten, dass das Kartenspiel in Florenz erfunden wurde. Schon die Bezeichnung naibbe weist auf den Orient hin und führt uns bei der Frage des Ursprungs direkt nach Ägypten.